Tagtäglich. Das Puchheimer Tagebuch

„Puchheim lebt“ – ein Künstlerwochenende

.....
oder
wie ich das erste Mal, zum Lesen, nach Bayern fuhr.

Es sollte ein kleiner Bericht über ein nettes Wochenende werden, einfach so.
Eine kleine nette Geschichte. Doch mir fielen mehr Worte dazu ein, als in kleine Geschichten üblicherweise so reinpasst.
Vielleicht wird es ja jetzt eine größere Geschichte, ohne dass sie zu einer großen Geschichte auswuchert.
Einfach eine Geschichte über zwei Tage in Bayern, über zwei Tage im Leben einer Italienerin die in Braunschweig lebt und auszog, ihre Geschichten und Gedichte in Puchheim, Oberbayern, vorzutragen.


Wenn ich an Bayern dachte, stellte ich mir stets den blauen Himmel vor mit weißen Wölkchen und saftigen grünen Wiesen dazu.

Seit bald neun Jahren ist mein Lebensmittelpunkt Braunschweig, eine mittelgroße Stadt in Niedersachsen, nordöstlich von Hannover. Wenn man von hier nach Norden schaut, dann liegt zwischen Braunschweig und der Nordsee nur noch das flache Land mit der wunderschönen Heide. Windig ist es bei uns hier oben, und wechselhaft, oft kühl doch nie wirklich kalt.
Warum ich das so detailliert beschreibe?

Nun, am 11. Juli 2008 reiste ich von eben diesem schönen Städtchen Braunschweig, das ich übrigens sehr liebe, Richtung München. Ich war eingeladen, nach Puchheim, zur Lesung meiner Texte im Zusammenhang mit dem Fest „Puchheim lebt“.

Mein guter Freund und wunderbarer Maler, Wolfgang End, bat mich, doch einfach einmal teilzunehmen und stellte mir sein Sofa unter dem Glasdach seines Ateliers zur Übernachtung zur Verfügung. Gerne stimmte ich zu und freute mich auf ihn, seine Bilder und das Happening in der Bahnhofstrasse.
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Dieses Jahr waren wir hier verwöhnt worden mit dem guten Wetter. Der Norden Deutschlands lag seit Mitte Mai stets unter blauem Himmel und war gesegnet mit wärmenden Sonnenstrahlen. Die ersten grauen Tage seither habe ich deshalb schnell vergessen, denn ich konnte ja abreisen aus der mit grauen Wolken behangenen Stadt meines Herzens, Richtung Süden. So freute mich nicht nur auf Wolfgang und das Fest, sondern auch auf Sonne und Wärme.

Kurz gesagt, in München am HBf war es wirklich warm und stickig dazu; aber Bahnhöfe sind entweder heiß und stickig oder kalt und durchzugig, im wahrsten Sinne des Wortes.
Die S-Bahn brachte mich nach Puchheim und mit ihr in ein schwarzes Loch. Wirklich!
Ich kann es nämlich nicht anders beschreiben.
Freitagabend, kurz nach 20 Uhr, und der Himmel über Puchheim war nur noch eine dunkle bedrohliche Wand, die genau in dem Augenblick explodierte, als ich aus dem Zug stieg. Ich brauche nicht zu sagen, dass das am Ende des Bahnsteigs war, und ich, bis ich dann zur Überdachung kam, längst durchnässt war.
Ich sollte es wohl Regen nennen, was da auf mich herunterprasselte, doch es war nicht zu vergleichen mit dem Regen Norddeutschlands oder gar Italiens, dem feinen feuchten Schleier, der sich ab und zu über eine kleine norddeutsche oder gar mittelitalienische Stadt legt.
Naturelemente pur: in dem Augenblick wusste ich noch nicht, dass sie mir an diesem Wochenende mehrmals begegnen würden.

Netterweise stand Wolfgang End vor dem Bahnhof und neben ihm ein Auto.
Und so konnte ich, trockenerweise, den außergewöhnlichen Ort Puchheim näher kennen lernen. Zum ausdampfen und auch zum Abendessen führte Wolfgang mich dann in eine bayerische Gaststätte. Alles fremd für mich, insbesondere die Sprache. Ehrlich, dass sie so weit entfernt von Hochdeutsch klingt, war für mich neu und faszinierend zugleich. Irgendwann gab ich auf, etwas von dem verstehen zu wollen, was das freudige Volk am Tisch gegenüber redete. Außerdem stand eine große Portion Essen vor mir; unmöglich diese Menge zu schaffen. Ehrlich gesagt, ich habe sie, fast, geschafft, aber sie hat mich ganz geschafft. Das Essen war wirklich gut, auch wenn es „nur“ ein Salat war. Dafür aber mit allem „drum und Dran“!
Ich sollte am folgenden Tag noch die Bekanntschaft mit Schweinebraten machen, doch dazu später mehr.

Offensichtlich war Wolfgang nicht so beunruhigt vom steten Regen wie ich. Er meinte, besser Regengüsse am Freitagabend als am Samstag und Sonntag.
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Da ich Wolfgang leider nicht viel helfen konnte, ließ ich es zu, mich faul aufs Sofa zu legen und mir die rund fünf Stunden Zugfahrt aus den Knochen zu schlafen. Ich hatte ja Glück inmitten des Unglücks vieler Bahnkunden gehabt. Nur weil ich ausnahmsweise früher am Bahnhof war als vorgesehen; ich wollte mir in Ruhe noch etwas zu essen kaufen für unterwegs; erwischte ich den letzten Zug der noch Richtung Süden fuhr. Der hatte zwar auch ein Stunde Verspätung gegenüber seiner regulären Fahrzeit, doch die Züge danach fuhren erst mit mehrstündiger Verspätung weiter. Die Bahn hatte sich nämlich kurzfristig entschlossen, alle neuen ICE’s zu überprüfen und folglich standen keine Züge zur Verfügung, um alle ihre Kunden durch die Lande zu fahren. Diese mussten warten oder aber doch noch das umweltfeindliche Auto nehmen um in die Ferien zu gelangen.
Ich hatte es aber geschafft zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.
Und so konnte ich also am Abend in Puchheim, mit vollem Bauch und nur leicht beunruhigt wegen dem nassen Wetter, friedlich einschlafen, nicht ohne vorher genüsslich und begeistert durch die „End“-Galerie meines Gastgebers gestöbert zu haben.
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Wolfgang End hatte gemeinsam mit seinen Künstler-Kollegen von ARTtoUS nämlich ein „Happening“ geplant in der Bahnhofstrasse von Puchheim. Alle sollten draußen ausstellen, lesen, performen oder wie auch immer. Das Happening war folglich wetterabhängig, vor allem weil es vorgesehen war, die Nacht von Samstag auf Sonntag auch draußen zu verbringen. Das hatten Happenings ja seit jeher so an sich, dass sie rund um die Uhr stattfinden. Jedenfalls zu deren Blütezeit war das so.
Ich fand die Idee sehr spannend, nicht nur weil es einfach wieder die Erinnerungen an früher hervorzauberte, sondern weil Kunstwerke sich verändern bei Nacht.
Sie werden geheimnisvoller, genauso wie die „Performances“ und die Texte, die in die Nacht hinein gesprochen werden.
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Ich freute mich sehr darauf. Hinzu kam, dass ich mir die Bahnhofstrasse als eine Strasse vorstellte, die voller Häuser und Läden, mitten im Ort Puchheim liegt.
Wie konnte ich nur so unwissend sein?! Aber das lehrt mich, mich vorher nicht über das Eine oder Andere zu informieren. Aber schön ist sie doch, die Bahnhofstrasse von Puchheim, das gebe ich im Nachhinein zu. Nur einfach anders als in meiner Vorstellung.

In meiner Unwissenheit glaubte ich am folgenden Morgen, der meist blaue Himmel, von dem zwischen diesen berühmten weißen Wolken die Sonne hervorlugte und auf meine Schlafstatt schien, würde einen bayerischen Sommer-Sonnentag versprechen. Und tatsächlich, morgens um acht Uhr haben Wolfgang End und ich, nur mit Sommerhose, Hemd und T-Shirt bekleidet, schon die ersten Austellungsgegenstände in der Bahnhofstrasse aus dem Auto gepackt.

Welch eine schöne Straße, Puchheims Bahnhofstrasse! Sie verband Puchheim Ort (2000 Einwohner) mit Puchheim Bahnhof (18000 Einwohner), lag inmitten von Kornfeldern und führte quer über Land.
Auf der einen Seite standen meist weiße Birken, so weiß wie ich noch nie welche sah und auf der anderen Seite alles alte Telefonmasten mit Porzellanköpfen. Und auf diese Masten durfte ich meine Texte befestigen. Ich tat es mit inbrünstiger Begeisterung. Dazwischen schmückte ich die Birken mit den Krawatten aus James Blackforest’s Fundus, einer der Künstler des Happenings, und hängte gemeinsam mit Wolfgang End, Bilder, Gemälde, Geschichten und Sonstiges zwischen und auf die Bäume.
Klaus Wiese bohrte seine Toten(m)bretter in den Wegrand und hängte ein farbiges Stuhlassortiment an Bäume und Seile;
Thomas Rumberg kam etwas später, begann aufzubauen und baute auch wieder schnell ab;
Glenn Rossiter wollte auf einem zwischen zwei Bäumen gespannten Band die vorbeiziehenden Puchheimer Bürger auffordern, ihre Gedanken zu ihrem Heimat- resp. Wohnort mit blauem Edding aufzuschreiben, doch das stürmische Wetter erlaubten Glenn und den Puchheimern keine niedergeschriebene Meinungsfreiheit;
Laura Elibol’s farbenfrohe und ideenreiche „Installation“ flog teilweise mit dem Wind davon, während ihre Mutter nicht einmal beginnen konnte, die eigenen Bilder auszupacken;
Michael Kurz passte sich an und sägt noch vor Ort enorme Delfine aus Holz, die durchs gelbe Kornfeld „schwammen“. Kein Wunder dass das klappte, wo doch Wasser deren Element ist;
die Blätter mit meinen Texten waren widerstandsfähiger als von mir befürchtet und sie hielten sogar, mehr oder weniger, bis zu meiner Abreise am folgenden Tag;
Wolfgang End hatte neben vielen Installation und seinen beiden farbenfrohen und ziemlich wasserresistenten Ölbildern, eine größere Anzahl seiner lustig-liebenswerten Steckerlfische in die Wiese gesteckt. Die außergewöhnlichen Rautenfische zogen ihre imaginären Runden und fanden so auch Liebhaber, die sich bereit erklärten, dem Erhalt des Rautenfischs in Oberbayern ihre ganze Zu- und Hinwendung zu versichern;
und tatkräftig unterstützt wurden wir alle vom Web-Master des ARTtoUS-Vereins, Dietmar Wellmann.
3-Steckerlfische
Doch noch bevor am Samstagvormittag das Happening offiziell eröffnet werden sollte, nahm mich mein freundlicher Gastgeber mit zum „Schokolädchen“. Er hätte das wohl besser unterlassen sollen, denn seither bekenne ich mich öffentlich zu der Sucht nach Schokolade – und nur die vom „Schokolädchen“. Ganz im Ernst, wer kann da noch widerstehen?! Göttlich, sage ich, und einfach nur sündig und verführerisch gut! Doch, das geht zusammen, fragen Sie mich bitte nicht, warum.
Dass ich mich mit Pralinen für zuhause eindeckte; muss ich das wirklich noch betonen?!
Vorher hatte ich das „End“-Gedeck genossen, ich finde heute noch keine Worte für diesen Genuss. Der Cappuccino war sehr gut, und die drei Pralinen – ohne Worte. Und die Obstcreme.....hmmmm.
Dass es Rautenfisch-Pralinen gibt, wunderte mich nicht mehr, und auch nicht die Rautenfisch-Marmelade und der Rautenfisch-Likör. Probieren Sie die Köstlichkeiten, Sie werden mir zustimmen, es lohnt sich!

Zurück in der Bahnhofsstrasse, sprach Wolfgang End einen fatalen Satz:
„Ich rieche Regen!“.
Hat der Mann eine gute Nase! Nicht lange danach zogen immer dunklere und dichtere Wolken auf und kurz vor der „Band-Durchschneidung“ fielen sie, die ersten Tropfen von Millionen, die in den nächsten beiden Tagen noch folgen sollten.
Ich flüchtete ins Auto, denn außer T-Shirt und dünner Jacke schützte mich nichts vor der Nässe. Dass genau im Augenblick einer kurzen Regenpause, die Honoratioren das symbolische Band zwischen Bahnhof und Ort (beides bekanntermaßen Puchheim) durchschnitten, haben mir die Künstlerkollegen erst später erzählt. Da war es zu spät.
Sie wurden nass – ich nicht.
Sie sind auf dem Zeitungsfoto – ich nicht.
Kismet!
Ab dann hörte es stundenlang nicht mehr auf zu regnen.

Wie schon geschrieben, einige Künstler gaben, zu Recht, auf, bevor es richtig anfing mit dem unaufhörlichen Niederschlag in Oberbayern, und so machten wir uns alle irgendwann gemeinsam auf den Weg zum „Unterwirt“. Und genau dort begegnete mir dann der bayerische Schweinebraten, in sämiger brauner Soße mit Knödel und Salat. Die Portion sollte wohl für zwei Tage reichen, aber man wundert sich doch, wie man über sich selbst hinauswachsen kann....
Sie verstehen, wie ich das meine, gell?!
Die Runde der ARTtoUS-Künstler genoss es, im Trockenen zu sitzen und selbst wieder einigermaßen trocken zu werden und dann, oh Wunder, draußen regnete es nicht mehr.
Freudig zurück in der Bahnhofstrasse, blickten wir erstaunt auf interessierte Spaziergänger. Die teilten uns dann mit, dass in der Zwischenzeit der erste Bürgermeister durch die Strasse gewandert war und sich über die fehlenden Künstler wunderte.
Kismet 2!

Dass es dann wieder anfing zu regnen, wunderte uns dann wiederum nicht mehr.
Was soll ich sagen: Kismet 3!

Den Samowar, der den Besuchern warmen Tee spenden sollte, ließ sich Wolfgang in der Gaststätte mit Wasser füllen, doch leider füllten ungeübte Hände den falschen Behälter, nämlich den mit den Heizstäben.
Die Folge davon war, dass der Samowar einen „Kurzen“ hatte, der ewig lang hielt und somit war es aus mit heißem Tee. Armer Wolfgang, er hatte sich doch so sehr darauf gefreut, interessierte Spaziergänger freundlich zu empfangen.
Das taten wir dann auch, mit alkoholfreiem Sekt und kleinen Stücken selbst gebackenem Maismehl-Kräuterbrot, ein Rezept meiner italienischen Großmutter.

Gegen Abend verschwanden langsam die dunklen Wolken und machten Platz für einen umwerfend-schönen Sonnenuntergang. Nicht einmal Wolfgang End hätte ihn schöner hingekriegt - auf Leinwand versteht sich.
Während dieser kurzen trockenen Periode lernte ich dann die Puchheimer kennen, die sich wagten, im Feuchten die übrig gebliebenen Kunstwerke der Bahnhofsstraße anzusehen.
Reiter auf Pferden, Autofahrer (auch wenn die Strasse gesperrt war), Radfahrer, alte und junge Leute, mal auf Stock oder Regenschirm gestützt, in kurzen Hosen und Sandalen, manche nachfragend, viele schweigend und doch einige redend und kommentierend.
Man(n) lehrte mich den Unterschied zwischen Ober- und Unterbayern, dass es für Baden-Württemberger keine Einreisegenehmigungen mehr gibt, dass die grünen Wiesen und die vielen Seeen nicht von selbst entstehen sondern dank dem vielen Niederschlag, dass es ein Vorurteil ist, sich Bayern blau-weiß-grün vorzustellen und dazwischen nur noch Kühe und Schuhplattler, dass die Stadtgrenze Münchens hinter dem nächstgelegenen Feld beginnt, dass es innerhalb eines Ortes Grenzen zwischen den Menschen gibt die auch nach Jahren nicht abbaubar sind, dass nicht jeder Bayer bayerisch spricht und die meisten Bayern auch hochdeutsch verstehen.....
Ein netter Herr mit lustigen Augen, auf Fahrrad, suchte sich den schönsten Steckerlfisch aus. Es stellte sich für mich nachher heraus, dass es der zweite Bürgermeister von Puchheim ist. Wenn schon nicht den ersten, so habe ich wenigsten den zweiten der Oberen Herren kennen gelernt. Ich gebe zu, ein freundlicher Mensch!
Ich lernte einen Verleger kennen der mich nicht verlegen machte, aber mich vielleicht verlegen mag, einen angeblichen Schauspieler mit freundlicher weiblicher Begleitung, Menschen die einfach nur nett und zuvorkommend waren und interessant dazu!
Dann kam noch Ruth Gemeinhardt vorbei, Journalistin beim Münchner Merkur und erhielt eine persönliche Führung über die Künstlermeile der Bahnhofsstraße von Wolfgang End, Klaus Wiese und Dietmar Wellmann.
Wir schlossen das Happening wegen wieder einsetzendem Regen, ließen die Kunstwerke stehen und hofften auf einen sonnigen Sonntag.
Als Abschluss des Samstag Abends blieb uns noch ein Besuch des PUC, ein Muss für jeden Besucher Puchheims. Dass es ein architektonisch außergewöhnliches Kulturzentrum ist, hatte mir schon einer der freundlichen Besucher unserer Kulturmeile verraten. Ich lauschte der heißen Musik einer jugendlichen Band, aß eine sehr schmackhafte Bratwurst, trank endlich ein bayerisches Bier und fühlte mich wunderbar.

Selten habe ich mich so sehr auf ein Sofa gefreut, wie auf das in Wolfgang End’s Atelier. Ich schlief selig und auf Sonne hoffend ein und wachte früh morgens vom steten Regen auf das Atelierdachfenster wieder auf.
Es wurde nicht einmal richtig hell und nach fast zwei Stunden nutzlosen Wartens, beschlossen mein Gastgeber und ich, in Puchheims einzig geöffnetem Café zu frühstücken.
Ich gebe zu, es war ein herrliches Frühstück und die Bedienung kam sogar aus Norddeutschland. Endlich verstand jemand, wenn ich ein Brötchen bestellte anstatt einer Semmel, wenn ich Brezel sagte und nicht Brezln usw. So wuchs mir Puchheim, und damit Oberbayern, noch mehr ans Herz.

Wer Wolfgang End kennt, weiß, dass er voller Ideen und Überraschungen steckt. So auch jetzt.
Klar war, wir konnten im strömenden Regen nicht stundenlang draußen hocken bleiben. Fraglich blieb sowieso, ob sich Menschen einstellen würden, um die wenigen, noch übrig gebliebenen Kunstwerke zu studieren.
So nahm Wolfgang, Felix den Waschbär, eine Handpuppe, und setzte sie auf den Tisch, an dem wir Künstler hätten draußen sitzen sollen. Felix teilte per Zettel den eventuellen Besuchern mit, die Künstler XYZ hätten sich ins Trockene zurückgezogen und für eventuelle Fragen sollten sie sich an Wolfgang End in Puchheim wenden.
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Wie erstaunt wir waren, Spaziergänger im Regen unter Schirmen auf der Allee zu erblicken, können Sie sich vielleicht vorstellen. Geduldig standen diese vor den Kunstwerken und gingen sogar vor den Telefonmasten auf und ab, um die Gedichte und Geschichten zu lesen.
Dass meine Lesungen ausgefallen waren, tat mir ja Leid. Aber als ich die Menschen im strömenden Regen vor meinen Texten sah, war ich so sehr berührt, dass ich wusste, auch noch der größte Erfolg bei der Lesung hätte das nicht wett machen können, was ich in dem Augenblick empfand.
Ich möchte mich im Nachhinein nochmals bei allen Menschen aus Puchheim bedanken, die sich diese Mühe gemacht haben.
Sie können nicht ermessen, was Sie mir damit geschenkt haben!

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Aber trotzdem hatte es keinen Sinn, sich in die Nässe zu hocken und so zeigte mir mein so liebenswerter und höflicher Freund Wolfgang End, seine Adoptivheimat.
Er fuhr mich durch Puchheim und danach nach Fürstenfeldbruck. Ich war beeindruckt von dem Abtei-Komplex, der wunderbaren Barockkirche, der Ausstellung und war erschlagen vom Windbeutel in der Gaststätte. Aber einen Windbeutel mit Malzsahne musste ich doch probieren, das müssen Sie doch einsehen...!

Zurück im Atelier, packte ich meine Koffer fertig, wickelte ein wunderschönes Frauenportait, „Monika“, gemalt von Wolfgang End in seiner zweiten Schaffensperiode, in wasserdichtes Einpackmaterial, sattelte den geschenkten Tuchsitz und meine Tasche.
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Dann setzte ich mich in einen Sessel und schaute mir nochmals mit Genuss alle möglichen Bilder von Wolfgang an und auch die von James Blackforest. Dessen Minimalismus ist unvergleichlich und stets überraschend. Dafür strotzen Wolfgangs Werke vor Lebendigkeit und Ausdrucksfähigkeit. Ich konnte mich nicht satt sehen, denn sie sind so umfangreich und sehr aussagekräftig.
Irgendwann musste ich zum Münchner Hauptbahnhof gefahren werden. Vorher hatte ich nur noch die Möglichkeit, als kleines Dankeschön, meinem Gastgeber meine gesammelten Texte, mit Widmung, zu schenken. Es war mein erster gebundener Band überhaupt.
Zum Abschied tranken wir beide noch einen Cappuccino im HBf und als mein Zug Richtung Norden fuhr, fühlte sich meine Welt einen kleinen Augenblick leerer an als die beiden Tage zuvor.

Seither sehe ich täglich „Monika“ in meinem Flur hängen, die mir mit ihrer Präsenz bestätigt, dass ich dieses außergewöhnliche Wochenende nicht nur geträumt habe.
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Vielen Dank allen Menschen aus Puchheim, den Künstlern von ARTtoUS (zu denen ich seither auch gehöre) und vor allem Wolfgang End, für ihre Freundlichkeit, ihre Zuvorkommenheit und die Freundschaft!
Ich werde gerne wiederkommen, egal welches Wetter auch sein wird!

Ghita Cleri
Braunschweig im Juli 2008


Nachtrag:
Wenn ich jetzt an Bayern denke, stellte ich mir noch immer den blauen Himmel vor mit weißen Wölkchen und saftigen grünen Wiesen und dazwischen ab und zu eine gescheckte Kuh.
Und dazu noch nette Menschen, liebe Freunde, einen Laden mit Schokolade und Windbeutel, einen Ort in dem die Bahnhofstrasse einsam mitten zwischen Feldern liegt, unvergleichliche Sonnenuntergänge und nicht zu vergessen: einen Haufen Regenschirme!

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