Tagtäglich. Das Puchheimer Tagebuch

Freitag, 16. Juni 2006

Sie laufen, und laufen, und laufen

(oder: „Wo laufen sie denn ?“)

Sie hatten weder mit einem schönen grünen Rasen zu tun, noch mit einem Käfer mit Motor. Nein, ihre bevorzugte Eigenschaft war das Vertilgen von Schnecken. Die Rede ist nicht von Schneckenkörnern, sondern von indischen Laufenten.
Sie, eine Leihgabe einer damals in Puchheim-Bahnhof ansässigen bayerischen Gärtnerei, wurden von der Gemeinde als freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Freien eingesetzt. Im Freien, das war der Friedhof im Schopflach, wo die Laufenten der Schneckenplage auf den blumenbepflanzten Gräbern Einhalt gebieten sollten.
Warum sich die Gemeinde hier ornithologisch engagieren musste ist schnell erklärt.
Wenn mehrere Bürgerinnen und Bürger im Rathaus, und dort nach Möglichkeit sogar beim Bürgermeister, mit dem bekannten verpflichtenden Satz vorsprechen, „da muaß die Gemeinde wos macha!“, kommt der Stein ins Rollen, oder kommen, wie hier, die Enten ins Laufen.

Die Enten waren unersättlich. Jedes Grab war für sie ein Drei-Sterne-Restaurant, aber mit den Tischsitten der Enten war es nicht weit her. Sie waren so pietätlos grabschänderisch, dass sie sich trotz langer Hälse nicht über die liebevoll gepflanzten Blumen beugten, um ihre Mahlzeit einzunehmen. Sie führten sich auf wie so mancher am kalten Büffet, auch wenn sie nicht in Rippen stießen, sondern so manches Pflänzchen knickten, wenn sie mitten hinein in die Blütenpracht watschelten.

Das ärgerte die Grabbesitzer. Sie kamen, wie es kommen musste, ins Rathaus, wenn auch diesmal nicht zum Bürgermeister, denn der war im Urlaub.
Und wieder hörte man: „Da muaß die Gemeinde wos macha!“
Nun ging es dabei um eine kommunalpolitisch so schwerwiegende Angelegenheit, dass man sich mit dem Vertreter des ersten Bürgermeisters nicht zufrieden geben wollte. Da musste der Gemeinderat her.
Man fand auch einen aus dem Gemeinderat, der sich ebenfalls über die Pietätlosigkeit der Enten und die daraus folgende Störung der Totenruhe so sehr erregte, dass er eine außerordentliche Gemeinderatssitzung, mit nur diesem Tagesordnungspunkt, beantragte. Noch bevor er mit seinem Antrag, der einer Zwei-Drittel-Mehrheit bedurft hätte, scheiterte, zog er ihn zurück.
Mittlerweile hatten auch Boulevardpresse und Privatfernsehen „ganz zufällig“ von der Schlagzeilenträchtigkeit der Puchheimer Laufenten erfahren. So erfuhr man auch in Berlin, dass es Puchheim in Oberbayern gibt.
Will eine Gemeinde also deutschlandweit bekannt werden, braucht sie nur Laufenten in ihrem Friedhof einsetzen und außerdem ein geeignetes Gemeinderatsmitglied. Es wird sich dann wie ein Lauf(enten)feuer herumsprechen, dass es diese Gemeinde gibt.

Das grabschänderische Treiben der Puchheimer Laufenten fand schließlich ein Ende, nicht im Bratrohr, sondern in der Gärtnerei, da die ihre Enten zurückholte.

Erst Jahre später kam ein (lebender) Grabnutzungsberechtigter wieder wegen der Schneckenplage ins Rathaus. „Da muaß die Gemeinde wos macha!“
Die Gemeinde setzte keine indischen Laufenten mehr ein. Statt dessen empfahl Sachbearbeiter W. eine, wie er behauptete, französische Delikatesse und lieferte auch gleich das Rezept für einen: „Friedhöflichen Grabschneckeneintopf“.

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